
Samstag, 27.07.2019
Start: Waltenberger Haus
Ziel: Kemptner Hütte über Mädlegabel
Heute steht der zweite Teil des Heilbronner Wegs auf dem Programm, der Übergang zur Kemptner Hütte. Mit der Mädelegabel erwartet uns dabei der technisch schwierigste Teil des Wochenendes mit Kletterstellen bis UIAA I+. Nach unseren Erfahrungen auf dem Heilbronner Weg gestern und dem Biberkopf vorgestern sollte das aber machbar sein ☺️.
Wir sind um 6.30 Uhr beim Frühstück, wobei ein Teil der Reisegruppe auf selbiges verzichtet, die Hüttenruhe um 22.00 Uhr wurde gestern Abend durch unsere Gruppe leicht verlängert 😁
Um kurz nach 7 stehen wir in den Stiefeln und sehen einem sonnigen Tag entgegen, allerdings soll es ab Mittag regnerisch Wetter. Wir hoffen, dann aber bereits sicher bei der Kemptner Hütte angekommen zu sein.

Es gibt hier beim Aufstieg zurück auf die Bockkarscharte ab dem Waltenberger Haus kein langes Vorgeplänkel. Der Weg quert kurz den Hang und dann geht's 450 Höhenmeter rauf, im unteren Teil in Kehren über Schotter und Geröll, im letzten Teil felsiger über viele gesicherte Passagen. So früh am morgen und mit Blick auf den Deckel des gestrigen Abends ein ordentliches Brett 😁
Wir nehmen uns der Aufgabe an, wählen ein moderates Tempo und steigen über Schutt und Geröll in Kehren den gut gekennzeichneten Weg hinauf. Hoch über uns kommt die Scharte in Sicht. Wir halten uns aber nicht lange mit sehnsüchtigen Blicken auf, sondern konzentrieren uns auf den Aufstieg. Dieser ist durchaus so anstrengend wie erwartet und wir bleiben alle paar Minuten stehen zum luftholen.


Schotter und Geröll ist einfach nicht gut zu gehen. Insbesondere im Aufstieg ist es einfach sehr mühsam. Teilweise geht's zwei Schritte rauf und einen wieder runter. Nach etwa 40 Minuten erreichen wir dann aber endlich den felsigen Teil der Route, ab hier geht's jetzt noch etwa eine halbe Stunde über gesicherte Passagen hinauf.


Die Sonne steht oben auf den Felszacken und in wenigen Minuten auch auf unseren Gesichtern. Und tatsächlich erreichen wir nach insgesamt einer guten Stunde die Bockkarscharte auf 2.523m. Somit sind die ersten 450 Höhenmeter im Sack und es ist Zeit für eine erste kurze Rast. Die Sonne scheint jetzt um halb 9 schon relativ kräftig und Niklas versorgt uns erstmal mit Sonnenmilch. Ob das bei unseren roten Nacken, armen und Waden noch hilft ist eine andere Frage 😆

Die Aussicht auf der Scharte ist überragend und ermöglicht den Blick auf nahezu den gesamten Heilbronner Weg bis zum Hohen Licht. Wir genießen kurz die Aussicht und die wärmenden Sonnenstrahlen und brechen dann wieder auf. Als nächstes erwartet uns der Schwarzmilzferner, der letzte verbliebene Gletscher in den Allgäuer Alpen. Auch dieser wird wohl in 10-15 Jahren verschwunden sein, so die Aussage der Einheimischen.

Wir steigen nun wieder auf den Heilbronner Weg ein und halten uns links Richtung Mädlegabel. Zunächst quert der Weg den Hang entlang bis wir ein großes Schneefeld erreichen. Wir haben Grödel und Steigeisen dabei, auch wenn dies sicher etwas übertrieben ist. Aber wenn wir die Sachen mitschleppen, wollen wir diese natürlich auch anlegen. So rasten wir kurz um Eisen u d Grödel anzulegen uns aufs Schneefeld. Dies ist allerdings alles andere als fest, sodass wir trotz Grödel bzw. sogar mit den Steigeisen auf der weichen Schneeauflage rutschen 😄
Das Weg ist aber nur wenig steil, also alles kein Problem.

Nach den Schneefeldern ist uns nicht ganz klar wo der Weg weiter führt. Über einen breiten Schneegrat geht's hinüber auf ein Steinfeld, links geht's über Schnee deutlich steiler hinunter. Wir entscheiden uns, zunächst bis zu den Steinen weiter zu gehen, danach müssen wir uns aber wohl links halten...

An den Felsen angekommen, kommt der Schwarzmilzferner, der letzte Gletscher der Allgäuer Alpen in Sicht. Er erstreckt sich komplett unter den schroffen Hängen der Mädlegabel. Wobei der Gletscherteil vermutlich kleiner ist und sicherlich auch viel Schneefelder statt Eis die Szenerie ergänzen. Der Anblick ist jedenfalls mega! Eine dünne Pfadspur führt einmal quer hinüber, dieser Spur werden wir gleich folgen. Aber zunächst müssen wir ein ganzes Stück in die Senke absteigen, hier sind die Grödel und Steigeisen in der Tat ganz hilfreich.

Gabi hat keine Lust den Hang abzusteigen, zumindest nicht, wenn man den Rucksack auch als Schlitten nutzen kann. Also schwingt er sich drauf und überbrückt die ca. 50 Meter Abstieg binnen weniger Sekunden 😄

Der Rest unserer Truppe entscheidet sich aber doch für die konventionelle Abstiegsmethode und wir sammeln Gabi am Beginn des Gletschers wieder ein. Wir folgen der Spur, die sich lang gezogen quer über den Gletscher zieht und unterhalb des Einstiegs zur Mädelegabel endet.

Der Pfad ist gut zu gehen und weder Grödeln noch Steigeisen sind nötig. Trotzdem macht es einfach Spaß damit zu laufen, insbesondere wegen der schönen Kratzgeräusche der Stahlzacken auf dem Eis 😄

Wir erreichen den Abzweig zur Mädelegabel, wobei wir nicht genau erkennen können, wo der eigentliche Weg ist. Über die ziemlich steile Schneerinne geht's es wohl nicht hinauf. Weiter rechts sind Felsen, aber auch hier sieht das Gelände steil und vor allem sehr bröselig aus. "mit den Grödeln und Steigeisen muss das doch eigentlich gehen, oder?" Einen Versuch ist es jedenfalls Wert und wir steigen in den Hang ein, der im unteren Teil auch gar nicht so steil ist.

Mit den Steigeisen geht das richtig gut. Ich benutze sogar die Frontzacken, die aber auf der Schneeauflage nicht richtig halten wollen. Trotzdem kommen wir sicher voran, auch wenn es mit zunehmender Höhe doch etwas mulmig wird. Ein Sturz wäre hier zwar nicht gefährliche aber doch zumindest unangenehm. Ich erreiche als erster das Ende des Schneefelds und muss dann noch etwas umständlich nach rechts queren, bevor ich den Ausstieg finde und wieder "festen" Schotter unter den Schuhen habe. Dieser ist aber alles andere als fest und ich überlege, wie ich ab hier am besten weiter komme.

Ich quere durch Geröll nach rechts und löse direkt Steinschlag aus, der fast Kopfgroße Stein rutscht über das Schneefeld runter, zum Glück bin ich schon recht weit rechts, sodass keiner getroffen wird. Trotzdem entscheide ich mich zu warten, bevor Niklas ebenfalls den Schotter erreicht hat und wir dann zusammen weiter gehen. Max und Gabi haben das Schneefeld auf halber Höhe verlassen und versuchen den Rest über das Geröll aufzusteigen.
Nach einigen Minuten ist es geschafft und wir stehen am felsigen Aufbau der Mädelegabel, hier machen wir erstmal Rast!

Wir treffen auf drei Frauen und einen vielleicht 11 jährigen Jungen, die offensichtlich auch hoch wollen. "Wenn selbst Kinder hier hoch gehen, sollten wir das doch wohl auch schaffen", ist der überhebliche Gedanke. In der Tat ist dieser Gipfel der technisch schwierigste Teil der gesamten Tour. Kletterstellen bis UIAA 1+ bzw. 2- müssen wir erwarten. Das ist zwar nicht wirklich klettern, aber für uns doch Neuland. Die "Schlüsselstelle" liegt auch direkt vor unseren Augen, die Mädelegabel selektiert seine Anwärter durch eine ausgesetzte Querung (UIAA 2-), die quasi die Eintrittskarte für den weiteren Aufstieg ist. Ob wir den passenden Fahrschein und das Rüstzeug haben, werden wir jetzt sehen...

Gabi macht den Anfang, der Junge hat die Passage bereits geschafft. Es ist in der Tat etwas knifflig, Hände und Füße finden kaum Halt an den Felsen. Aber mit etwas Muße ist es dann doch kein zu großes Problem und wir kommen alle gut rauf und rüber 💪



Das Gelände bleibt allerdings anspruchsvoll. Wir steigen immer wieder über größere Absätze und gesicherte Stellen, die Schwierigkeiten übersteigen aber ab jetzt nicht mehr den 1. Grad. Das Gelände ist insgesamt auch etwas ausgesetzter als beispielsweise beim Biberkopf. Der Blick hinunter auf den Gletscher ist bereits auf halber Höhe großartig!


Wir haben die drei Frauen und den Jungen mittlerweile überholt, die jetzt doch langsamer voran kommen. Das Gelände wird jetzt auch nochmal steiler und ausgesetzter und es geht über einen immer noch schön breiten Grat zum Gipfel hoch. Das Kreuz kommt mittlerweile schon in Sicht, jetzt ist es nicht mehr weit!


Oben am Kreuz ist kein Mensch, sodass ich den Gipfel für 1-2 Minuten für mich alleine haben, auch schön 😄
Die Jungs sind aber kurz darauf auch am Ziel und wir beglückwünschen uns zum erfolgreichen Aufstieg. Wir machen ein paar Bilder, werden uns aber nicht lange aufhalten. Es ist recht windig hier oben und wir wollen zumindest den Gipfelaufbau schnell hinter uns bringen, runter klettern ist ja oft doch nochmal was anderes als rauf 😳
Eine der Damen erreicht auch den Gipfel, allerdings alleine. Dem Jungen hat es auf halber Höhe wohl den Mut verlassen und die drei sind, offensichtlich auf allen Vieren, wieder umgekehrt. Auch wir wollen den Abstieg jetzt angehen und brechen wieder Richtung Tal auf.


Wir steigen auf eicher Route wieder ab und kommen grundsätzlich gut runter. Mit Blick Richtung Tal ist es allerdings schon etwas mulmig, man sieht erst jetzt, wie tief der sichere Boden unter uns liegt. Aber unterm Strich geht's gut und wir erreichen nach 20 Minuten wieder die beiden Damen mit dem Jungen, der tatsächlich auf dem Hosenboden den Berg runter rutscht. Er wird hoffentlich die Lust am Bergsteigen durch dieses Erlebnis nicht verlieren, 4-5 andere Gipfel machen und dann zurück kommen und den Gipfel erreichen 👍


Wir erreichen wieder unseren Ausgangspunkt müssen noch einmal die Schlüsselstelle queren und stehen dann wieder am Fuß des Berges. Wir machen Pause, blicken auf den Gletscher zu unseren Füßen und freuen uns, daß alles gut geklappt hat. Nach 20 Minuten steigen wir wieder runter Richtung Gletscher, um dann den Weg zur Kemptner Hütte einzuschlagen.
Von hier oben sehen wir jetzt auch den "richtigen" Weg runter zum Gletscher, der natürlich nicht über das steile Schneefeld führt. Weiter links führt ein Weg wesentlich weniger steil hinunter. Für den Abstieg entscheiden wir uns für diesen Weg.
Wir erreichen wieder den Gletscher, auf dem es jetzt ohne nennenswerte Steigungen hinüber geht. Das Stück ist aber recht kurz und wir erreichen nach wenigen Minuten wieder felsigeres Gelände. Eine Felsstufe muss hier noch überwunden werden u d dann liegt auch schon der Panoramaweg zur Kemptner Hütte vor uns. Ab hier scheint es nur noch ein lockeres auslaufen zu sein.


Der Panoramaweg ist Asse, gut zu gehen und mit fantastischer Sicht zurück auf die Mädelegabel und die Trettachspitze. Wir können hier auf dem einfachen Weg auch nochmal etwas Tempo machen und kommen jetzt zügig voran. Der angekündigte Regen ist zum Glück noch nicht eingetreten, auch wenn der Himmel immer mehr zu zieht.



Wir folgen dem Weg mittlerweile unterhalb der schroffen Wände des Kratzer. Noch sind es etwa 45 Minuten bis zur Hütte, das Wetter hält allerdings und wir freuen uns, offensichtlich trocken anzukommen. Auf der rechten Seite tauchen dann nochmal einige Steinböcke auf, die offensichtlich auch auf Schnee sicher unterwegs sind 😄


Vor uns kommt zum krönenden Abschluss noch der höchste Allgäuer Berg, der Große Krottenkopf in Sicht. So kann die Kemptner Hütte nicht weit sein. Das Gelände wird jetzt doch nochmal etwas ruppiger, ein paar Felsstufen steigen wir noch hinunter, bis wird die Einsattelung erreichen und unser Weg nach links Richtung Hütte abzweigt. Die Hütte ist von hier oben jetzt auch schon zu sehen und lockt mit einer sonnigen Terrasse, dort werden wir gleich den Nachmittag verbringen 🍻



Wir steigen in den Hang hinunter und folgen dem Weg, der hier in einer längeren Traverse zur Hütte hinüber führt. Nach insgesamt 7 Stunden erreichen wir trocken die Hütte und können wirklich zufrieden sein!
Wir suchen uns einen Platz in der Sonne auf der Terrasse und ordern erst einmal Mittagessen.

Wir erwischen ein 5er Zimmer, welches wir für uns alleine haben - top! Bei diversen Speisen und Getränken lassen wir den Tag ausklingen, morgen geht's nur noch ins Tal.
An der Hütte ist kein Handynetz und wir wollen natürlich wissen, wie der große SCP gespielt hat. In aller Vorrausicht haben wir bereits gestern einen Freund gebeten, der Hütte eine Mail mit dem Ergebnis zu schreiben, da die Hütte auch telefonisch nicht erreichbar ist. Tatsächlich tritt der Hüttenwirt gegen 17.00 Uhr an unseren Tisch:
"Seid ihr die Jungs aus Münster?"
"Logo"
"Ich habe eine Mail von einem Philipp bekommen" sagt er mit ernster Miene und blickt in die Runde. "Münster hat 2:0 gewonnen"
Jubel am Tisch brandet auf und der Hüttenwirt, der die Aktion offenbar auch witzig findet, gratuliert uns zum Heimsieg 💪
Der Abend klingt in gemütlicher Runde aus und wir sind früh im Bett, die letzten Tage waren doch durchaus anstrengend. Morgen geht's dann nur noch ins Tal!
Sonntag, 28.07.2019
Start: Kemptner Hütte
Ziel: Spielmannsau
Regen ist angekündigt und tatsächlich ist der Himmel heute morgen wolkenverhangen und es regnet. Wir begnügen uns mit Riegeln und einem Kaffee, verabschieden uns mit einem Lachen vom Hüttenwirt und brechen auf.

Der Regen hört auf als wir vor die Hütte treten. Vielleicht kommen wir doch trocken runter? Wir begeben u s auf dem Weg Richtung Tal, der zunächst gemütlich den Hang hinunter führt.

Nach einer Kehre erreichen wir den Eingang zum Sperrbachtobel, hier geht's jetzt hinunter. Es sind noch beträchtliche Schneemengen im Tobel, der Weg ist allerdings frei. So steigen wir immer oberhalb und auf der rechten Seite des Tobels hinunter.


Der Weg ist durch den Regen aufgeweicht und nass. Die Steine sind abgetreten und entsprechend glatt. Wir setzten2die Füße mit bedacht um nicht am Ende noch auszurutschen.
Der Weg ist aber insgesamt gut zu gehen, bis wir auf einmal vor einem riesigen Schneebrett stehen, welches quer über den Weg reicht. Offenbar führt der Weg hier unten durch, ein kleiner Eingang ist jedenfalls zu sehen.


Wir setzen die Kapuzen auf und schlüpfen unter dem Schneebrett in die Höhle. Diese ist etwa 25m lang, dunkel und natürlich nass. Der Schnee schmilzt und es tropft von der Decke, wir gehen zügig durch um nicht komplett nass zu werden.

Nach der Höhle geht's wieder entspannter weiter, der Weg führt weiter oberhalb des Tobels hinunter, bis wir nach etwa 30 Minuten die Waldgrenze erreichen. Jetzt ist es nicht mehr weit!


Wir treten aus dem Wald und laufen die restlichen 20 Minuten über die Fahrstraße bis Spielmannsau. Der Bus kommt in 30 Minuten, sodass wir noch Zeit für eine kurze Brotzeit in Spielmannsau haben. Nach zügigen 1 Stunde 45 Minuten sind wir am Ziel!



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