
Montag, 01.09.2019
Start: Parkplatz Hochfeilerhütte (1.700m)
Ziel: Hochfeilerhütte (2.715m)
Heute geht's auf die Hochfeilerhütte, die uns als Basecamp für die Besteigung des Hochfeilers morgen dienen wird. Der Aufstieg über 1.000 Höhenmeter ist gut machbar und wird ca. 3 Stunden in Anspruch nehmen. Leider sind die Wetterverhältnisse alles andere als gut. Es regnet in Strömen und für den Nachmittag sind sogar Schneefälle angesagt. Wir starten um 10.00 Uhr am Parkplatz der Hochfeilerhütte auf 1.700m.

Es regnet ergiebig und wir starten am Parkplatz direkt dick eingepackt und mit Regenjacken. Zunächst führt der Weg im Wald ein Stück bergab, die Bäume schützen zumindest ein wenig vor dem Regen. Zum Glück ist es aktuell noch recht warm. Die Stimmung im Wald ist bei dieser Witterung eine ganz besondere, wir haben kaum Sicht, dicke Wolken hängen zwischen den Bäumen. Wir trotzen dem Wetter und freuen uns, später auf der Hütte einen schönen Nachmittag zu verbringen.

Der Weg führt mittlerweile leicht ansteigend durch den Wald. Wir überqueren einen kleinen Bachlauf über eine Brücke und folgen dem schmalen Pfad, der sicher wunderbar durch den Wald hinauf schlängelt. Die ersten Wanderer kommen uns entgegen, oben an der Hütte regnet es wenig überraschend auch. Die Temperaturen sind aber wohl deutlich über 0, sodass zumindest erstmal nicht mit Schnee zu rechnen ist.

Die Wolkendecke reißt zwischendurch immer wieder mal kurz auf und gibt den Blick frei auf das unter uns liegende Tal und die gegenüberliegenden Berge. Der Regen lässt aber nach wie vor nicht nach. Wir kommen in den Regenjacken jetzt ziemlich ins schwitzen und sind bald von außen und innen recht durchnässt. Der guten Stimmung tut dies aber keinen Abbruch 😀


Nach etwa einer Stunde haben wir die ersten 400 Höhenmeter geschafft und machen eine erste Trinkpause. Die Stelle bietet eine schöne Aussicht hinunter ins Tal, für einen Moment ist es sogar fast trocken. Die Regenpause hält allerdings nicht lange an und nach kurzer Rast setzen wir unseren Weg im Regen fort.

Wir haben mittlerweile die Hälfte der Höhenmeter absolviert, das Gelände flach jetzt deutlich ab und führt in einer langen Traverse nur noch leicht steigend am Hang entlang. Bei guter Sicht sicherlich ein toller Panoramaweg, heute kriegen wir von der umliegenden Landschaft wenig zu sehen.

Der Weg ist mitunter etwas holprig und wir überqueren immer wieder einige Felsstufen. Bei Nässe ist das alles hier ziemlich unerquicklich und wir sind froh, als nach insgesamt 2 Stunden das Gelände wieder etwas offener wird. Wir haben jetzt noch etwa 1 Stunde zu gehen, das Gelände wird jetzt auch wieder steiler. Kein Wunder, es fehlen auch noch ca. 350 Höhenmeter bis zur Hütte...


Wir rasten nochmal kurz zum Trinken und Luft holen. Mittlerweile sind wir völlig durchnässt, den Dauerregen hält keine Regenjacken aus. Aber es ist ja nicht mehr weit und wir brechen zum Schlussspurt auf. Wir freuen uns auf eine warme Dusche und auf Kaffee und Kuchen auf der Hütte!

Wir passieren nun einige gesicherte Passagen, wobei die Sicherungen hier doch etwas übertrieben sind. Im Prinzip geht es auf einem 1 Meter breiten Weg entlang, wirklich ausgesetzt ist das Gelände hier nicht. Im Anschluss überqueren wir nochmal einen Bachlauf und sind mittlerweile auf 2.600m. Uns trennen noch gut 100 Höhenmeter bis zur Hütte, Endspurt!


Das Gelände steilt ein letztes Mal auf und wir steigen in Kehren über Geröll und Schotter weiter hinauf. Kurz darauf taucht wie aus dem nichts die Hütte vor uns auf. Knapp 3 Stunden haben wir jetzt inkl. Pausen gebraucht, bei dem Wetter eine gute Zeit! Wir betreten die Terrasse der Hütte und freuen uns, endlich da zu sein!


Wir betreten die Hütte, die aktuell bis auf die Betreiber völlig verwaist ist. Wir sind heute die ersten Gäste, es ist aber auch erst 13.00 Uhr. "Viele haben aufgrund des Wetters abgesagt", so der Sohn des Hüttenwirts. Das erhöht die Chance auf ein eigenes Zimmer. Erstmal entledigen wir uns aber der nassen Sachen und nehmen eine heiße Dusche!

Bei Kaffee und Kuchen und der Lektüre des Alpin Magazins genießen wir den Nachmittag auf der Hütte. Am Ende sind wir mit 6 anderen Bergsteigern die einzigen Gäste, absolut ungewöhnlich um diese Jahreszeit. Draußen tobt der Regen und wir erholen uns vor dem morgigen Gipfelsturm. Ob es noch Schnee gibt? Wir werden erst morgen früh wissen, ob die Verhältnisse einen Vorstoß auf den Gipfel zulassen. Zeitig sind wir im Bett, morgen wollen wir um 6.30 Uhr frühstücken.
Dienstag, 02.09.2019
Start: Hochfeilerhütte (2.715m)
Ziel: Hochfeiler (3.510m) / Parkplatz Hochfeilerhütte (1.700m)
Heute ist großer Gipfeltag! Wir sitzen um 6.30 Uhr beim Frühstück. Draußen ist es mit - 3°C empfindlich kalt. Dafür haben sich die Wolken vollständig verzogen, ein wolkenloser Himmel verspricht einen wunderbaren Tag!
Wir beeilen uns beim Frühstück und können es kaum erwarten aufzubrechen. Wir können beide die Aufstiegsroute nicht richtig einschätzen: wie schwer ist die Kraxelei gleich zu Beginn auf den Grat? Wie ausgesetzt ist das Gelände unterhalb des Gipfels? Hat es oben tatsächlich geschneit? Mit diesen Fragen treten wir aus der warmen Hütte in die Kälte und begeben uns auf den Weg.
Nach 2 Minuten ist allerdings bereits der erste stop angesagt. Ein Hubschrauber nähert sich aus dem Tal und kommt zum erst zweiten Mal in diesem Jahr zur Belieferung der Hütte. Das Schauspiel wollen wir uns nicht entgehen lassen und bestaunen die Schnelligkeit, in der die Besatzung des Helis das Netz mit Kisten und Kästen aufnimmt und ins Tal fliegt. Bereits nach 2 Minuten ist der heli ein zweites mal da und setzt seine Landung direkt vor der Hütte ab. In Windeseile löst die Besatzung das Seil und schon ist der Heli wieder im Tal verschwunden. Bei Kosten von ca. 100€ pro Flugminute ist die Eile aber auch kein Wunder...

Wir setzen unseren Weg fort und erreichen nach wenigen Minuten den Wandfuß. Hier geht es jetzt ca. 80 Höhenmeter in leichter Kraxelei auf den Grat. Die Schwierigkeiten halten sich aber doch sehr in Grenzen und nach wenigen Minuten haben wir diesen Teil bereits überwunden.


Wir erreichen eine große, felsige Hochebene, auf der es jetzt immer unterhalb der Gratkante hoch hinaus geht. Die Markierungen sind dürftig und wir müssen immer wieder das GPS bemühen, um den richtigen Weg zu wählen. Durch den Frost ist alles hart gefroren und die Bedingung sind wirklich ideal. Wir kommen zügig voran und sind mittlerweile guter Dinge, den Gipfel erreichen zu können. So weit wir es von hier aus sehen können, hat es auch keinen Schneefall gegeben!


Es wird zunehmend kälter und der Wind nimmt ebenfalls zu, je näher wir dem Grat kommen. Wir legen die Regenjacken an und setzen die Kapuzen auf, der kalte Wind schneidet uns fast die Nasen ab 😄
Wir nutzen die Pause um nochmal zu trinken und lenken unsere Schritte dann weiter Richtung Grat, wo der Wind wahrscheinlich noch weiter auffrischen wird.
Das Gelände wird jetzt etwas ruppiger und wir steigen über große Felsplatten und Geröll hinauf. Die aufgestellten Platten weisen uns den Weg, der jetzt aber auch nicht mehr zu verfehlen ist.

Auf dem Grat angekommen erhaschen wir einen ersten Blick auf den Gletscher und der Gipfel des Hochfeiler kommt ebenfalls in Sicht. Dieser liegt aber noch ca. 400 Höhenmeter über uns, der Höhenmesser zeigt 3.100m. Im ersten Teil führt der Weg noch angenehm breit über den Gratrücken, nach etwa 15 Minuten wird dieser aber spürbar schmaler und ausgesetzter.

Nach 1,5 Stunden erreichen wir den Gipfelaufbau des Hochfeilers. Hier geht's jetzt an die letzten 300 Höhenmeter in deutlich steileren Gelände. Der Grat ist an einigen Stellen nur noch ca. 80cm breit und wir genießen dieses wunderbare, hochalpine Terrain. Offensichtlich sind wir heute morgen die ersten auf der Strecke, der Gipfelbereich ist menschenleer. Wahrscheinlich haben wir den Hochfeiler gleich für uns alleine 🤩

Der Weg ist spektakulär. Über Felsen steigen wir weiter hinauf, die Wände des Hochfeilers fallen zu beiden Seiten hunderte Meter ab. Auf beiden Seiten liegen die Gletscher mittlerweile unter uns. Gespannt gehen wir weiter und müssen uns bremsen nicht zu schnell zu gehen. Auf fast 3.500m Höhe kriegt man den Puls nur langsam wieder eingefangen, wenn dieser einmal zu hoch steigt.

Wir absolvieren die letzten Meter und erreichen nach 2 Stunden Aufstieg den Gipfel. Gefühlt liegt uns hier oben auf über 3.500m die Welt zu Füßen. Und tatsächlich ist der Hochfeiler der höchste Berg im Zillertal, welches hier tief unter uns liegt. In den Tälern wabern noch die Wolken, rundherum nur große Berge, Gletscher, Fels, Eis und Schnee. Die Sonne scheint aus wolkenlosem Himmel, es könnte nicht schöner sein!



Wir genießen die traumhafte Aussicht und die mittlerweile wärmende Sonne. Der Wind hat spürbar nachgelassen, auch wenn es sicher noch deutlich unter 0°C ist. Nach etwa 20 Minuten kommen die beiden anderen Bergsteiger aus der Hütte zum Gipfel. Auch hier reichen wir uns die Hände - "Berg heil"!
Wir machen noch einige Bilder und entscheiden uns dann, den langen Abst2ins Tal anzugehen. Es liegen noch 1.800 Höhenmeter Abstieg vor uns. An der Hochfeilerhütte wollen wir aber erstmal Mittag essen!


Wir steigen auf der gleichen Route wieder hinunter. Insbesondere im ersten Teil des Abstiegs genießen wir die wunderbare Aussicht zu unseren Füßen. Wir bleiben immer wieder kurz stehen und können uns nur schwer von diesen Ausblicken trennen.

Uns kommen auf halber Strecke die ersten Wanderer entgegen, die heute morgen aus dem Tal aufgestiegen sind und uns nun nach den Erlebnissen am Gipfel und den Wegverhältnissen fragen. "Traumhaft, Aussicht bis zur Nordsee", ist unsere Antwort, die vielleicht etwas übertrieben ist. Aber tatsächlich ist die Sicht heute überragend und es kann sich jeder glücklich schätzen, der heute den Gipfel dort oben erreichen kann. Wir setzen unseren Abstieg Richtung Hütte fort, die mittlerweile schon tief unter unseren Füßen in Sicht kommt.

Wir verlassen den Grat und steigen in der schottrigen Flanke wieder hinab. Der Boden ist nach wie vor gefroren, was uns den Abstieg erleichtert. Die Felsen und der festgefrorene Schotter sind schön griffig, sodass wir schnell vorwärts kommen. Nach bereits gut einer Stunde erreichen wir wieder das Ende des Grats, ab hier müssen wir noch die 80 Höhenmeter vom Grat hinunter klettern und sollten die Hütte in ca. 15 Minuten wieder erreichen.


Der Abstieg vom Grat über die versicherte Stelle geht uns gut von der Hand. Nach kurzer Kraxelei erreichen wir wieder den kleinen Pfad und laufen die letzten Meter zur Hütte, wo wir jetzt erstmal Mittag essen wollen.



Etwas oberhalb der Hütte steht auf einem kleinen Hügel noch ein Kreuz, dem ich natürlich auch noch einen Besuch abstatten will. Nach kurzem Aufstieg erreiche ich das schicke Kreuz, welches sogar über ein Gipfelbuch verfügt. Laut Gipfelbuch handelt es sich den den kleinen Hochfeiler, den Piccolo Gran Pilastro 😄

Wir sitzen in der Sonne und genießen unseren Gipfelerfolg. Es ist toll, dass alles so gut geklappt hat. Nach dem gestrigen Tag und der Wetter Prognose war dies nicht unbedingt zu erwarten. Es gibt Hüttenpfanne und Käseplatte und kühle Drinks. Nach einer halben Stunde verabschieden wir uns von der Hütten Crew und machen uns an den Abstieg, für den wir gute 2 Stunden benötigen werden.

Wir schlagen den Weg Richtung Tal ein, jetzt kommen immer mehr Wanderer von unten hinauf. Die meisten sind allerdings nur für einen Tagesausflug ausgerüstet und werden wahrscheinlich lediglich die Hütte besuchen. Wir versuchen uns mit Tüchern und Mütze vor der Sonne zu schützen, die jetzt doch ziemlich stark vom Himmel brennt. Noch haben wir die Waldgrenze noch lange nicht erreicht.

Wir verlassen diese hochalpine Umgebung, nicht ohne uns noch ein paar mal umzudrehen. Ein letzter Blick zurück auf den Gletscher, bevor wir über endlose Kehren uns immer mehr dem Tal nähern. Der Weg ist durch den gestrigen Regen doch ziemlich aufgeweicht und teilweise richtig schlammig. Dadurch ist unser Tempo doch etwas gedrosselt, da wir immer wieder größeren Pfützen und schlammigen Passagen ausweichen müssen.

Auch heute können wir diesen tollen Panoramaweg nicht so richtig genießen. Die Füße schmerzen und wir sind doch reichlich erschöpft von den letzten Tagen. Wir erreichen wieder die ersten Bäume, noch sind es aber immer noch gut 400 Höhenmeter im Abstieg.


Kai's Füße haben am meisten gelitten und sind ja schon seit Sonntag mit Blasenpflastern übersät. "Sorry, ich muss laufen lassen, das abbremsen geht mit meinen Füßen nicht" und schon ist er hinter der nächsten Kehre verschwunden 😄
Ich versuche Schritt zu halten, das ist jetzt tatsächlich eher Trailrunning als Wandern... Aber auch mir ist das sehr recht, so kommen wir schneller zum Auto und schneller in die Sauna 😉

Wir fliegen quasi ins Tal und erreichen nach 2 Stunden wieder die Brücke. Jetzt sind es nur noch wenige Minuten bis zum Auto. Gestern hatten wir hier noch ganz anderes Wetter, der Parkplatz ist jetzt auch richtig voll. Bei gutem Wetter kann ja jeder...

Zurück am Auto sind wir erschöpft aber glücklich, drei tolle Tage liegen hinter uns, alles hat so geklappt wie geplant. Zwei neue 3.000er konnten wir erreichen, der Hochfeiler heute war wirklich ein absolutes Highlight. Wir fahren zurück nach Gossensass und lassen den Tag bei Sauna und Essen ausklingen!

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Kai (Sonntag, 08 September 2019 20:20)
Ja, das Trailrunning war echt übel, aber anders wäre ich da nicht mehr runtergekommen mit meinen geschundenen Füßen. � Es war ein schönes Erlebnis. Die Berggötter waren uns sehr gewogen ☀️☀️☀️