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7. Etappe K1

Sonnenuntergang an der Bielefelder Hütte
Sonnenuntergang an der Bielefelder Hütte

7. Etappe K1

Start: Bielefelder Hütte

Ziel: Schweinfurter Hütte


Der Übergang zur Schweinfurter Hütte ist eine hochalpine Unternehmung, die zur ersten Liga der Höhensteige in den Alpen gehört. Mit einer Gehzeit von 8 bis 9 Stunden im hochalpinen Gelände und Kletterstellen im 1. Grad im Bereich des 3.010m hohen Hochreichkopfes ist hier der komplette Bergsteiger gefragt.

Normalerweise gibt's um 7.30 Uhr Frühstück an der Hütte, zu spät für diese ambitionierte Tagesetappe. Der Hüttenwirt stellt mir bereits am Vorabend das Frühstück raus, welche ich um 5.45 Uhr einnehme und um 6.15 Uhr aufbreche. 

Morgendlicher Blick ins Ötztal
Morgendlicher Blick ins Ötztal

Der Weg beginnt mit einem steilen Anstieg über die Skipiste und zweigt dann rechts ab. Hier geht's in gemächlicher Steigung am Hang entlang. Erstes Ziel ist die alte und verfallen Bielefelder Hütte, die ich in einer guten Stunde erreichen sollte. 

Der Weg ist zu Beginn noch gemütlich zu gehen
Der Weg ist zu Beginn noch gemütlich zu gehen

Der Weg ist hier wirklich angenehm zu gehen. Ich genieße die Stille am frühen Morgen, auch wenn es ein mulmiges Gefühl ist, dass ich heute auf diesem langen Steig alleine unterwegs sein werde. Vielleicht kommt mir ja jemand von der Schweinfurter Hütte entgegen...


Der Weg zieht weiter am Hang entlang
Der Weg zieht weiter am Hang entlang

Kurz vor der alten Bielefelder Hütte fängt es an zu regnen. Der Hüttenwirt hatte angekündigt, dass es morgens noch unbeständig sein kann und im tagesverlauf besser wird. Den Rucksack hatte ich vorsorglich schon eingepackt, jetzt geht's in Regenjacke weiter.

An der alten Bielefelder Hütte steht nur noch das Fundament, ich mache kurze Trinkpause und steige dann weiter hinauf, nächstes Etappenziel ist die Achenplatte auf 2.400m.

Die Reste der alten Bielefelder Hütte
Die Reste der alten Bielefelder Hütte

Der Pfad zieht sich auf schmalen Bändern die Hänge entlang und es wird deutlich, warum mit einer Gehzeit von 8 bis 9 Stunden zu rechnen ist. Immer wieder müssen Hangausbuchtungen weitläufig ausgegangen werden, was den Weg in die lange zieht. Zudem sind immer wieder Gegenabstiege zu überwinden, es ist ein permanentes auf und ab, sodass ich nur langsam an Höhe Gewinne. 

Das Gelände wird felsiger
Das Gelände wird felsiger

Ich bin vom Regen durchnässt und es wird kalt. In der Ferne grollt der Donner, es ist jetzt hier auch eine Kopfsache. An der Achenplatte wird das Gelände felsiger und anspruchsvoller. Immerhin ist hier ein weiteres Etappenziel erreicht. 

Aussichtspunkt an der Achenplatte
Aussichtspunkt an der Achenplatte

Es ist zu kalt und zu nass um wirklich mal zu rasten, so steuere ich über Blockgelände den Lauser auf 2.600m Höhe an, ein weiteres Etappenziel. Die Schwierigkeiten nehmen dabei stetig zu, immer wieder sind felsige Bänder und Schroffengelände zu überwinden, im Moment ist das Ganze trotz Nässe gut beherrschbar. 

Blockgelände auf dem Weg zum Lauser
Blockgelände auf dem Weg zum Lauser
Immer wieder sind Felsriegel und Schroffengelände zu queren
Immer wieder sind Felsriegel und Schroffengelände zu queren

Das Ganze erinnert stark an den Stubaier Höhenweg, den ich vor 2 Jahren gemacht habe. Wenn das Wetter nicht so mies wäre, könnte man das hier noch besser genießen. Mittlerweile ist es aber wieder trocken und ich erreiche eine weitere langgezogene Traverse. Vorher muss allerdings eine Felsnase etwas ausgesetzt umgangen werden. 

Eine Felsnase wird umgangen
Eine Felsnase wird umgangen
Wieder so eine unendlich lange Querung
Wieder so eine unendlich lange Querung

Die langgezogenen Traversen sind gut zu gehen und ich komme hier zügig voran. Ich erreiche nach etwa 3 Stunden den Lauser. Ab hier führt der Weg etwas unterhalb eines Grats wieder in eine Senke hinab. Ich folge dem Weg und erreiche wieder Blockgelände, in dem es jetzt wieder deutlich steiler zur Niederreichscharte hinauf geht. 

Über den Grat geht der Weg in einer langen Rechtskurve weiter
Über den Grat geht der Weg in einer langen Rechtskurve weiter
Steiler Aufstieg zur Niederreichscharte
Steiler Aufstieg zur Niederreichscharte

Ich erreiche die Niederreichscharte auf gut 2.700m und treffe hier auf zwei Bergsteiger, die von Kühtai die Scharte erreicht haben. Die einheimischen sind mit leichtem Tagesgepäck zum Hochreichkopf unterwegs. Sie loben mich für meine gute und schnelle Aufstiegszeit von 3,5 Stunden. Und ich versuche, beim weiteren Aufstieg auf Ihren Fersen zu bleiben. Ab hier beginnt jetzt der anspruchsvollste Teil der Tour mit Kletterstellen im 1. Grad. 

Eine der anspruchsvollen Stellen: eine Steile Wand muss im Abstieg überwunden werden.
Eine der anspruchsvollen Stellen: eine Steile Wand muss im Abstieg überwunden werden.

Das Gelände ist felsig und anspruchsvoll, ich halte allerdings mit den beiden Bergsteigern mit, sodass wir nach etwa 30 Minuten die Hochreichscharte gemeinsam erreichen. Leichte Kletterei und zum Ende eine steiler Aufstieg über Geröll liegt jetzt hinter uns. 

Felsige Passagen unterhalb der Hochreichscharte
Felsige Passagen unterhalb der Hochreichscharte
Die letzten Meter unterhalb der Scharte, die beiden Bergsteiger sind fast oben
Die letzten Meter unterhalb der Scharte, die beiden Bergsteiger sind fast oben
An der Hochreichscharte
An der Hochreichscharte

Jetzt ist der Gipfel zum greifen nah! 100 Höhenmeter sind noch zu überwinden. Die beiden Bergsteiger steigen direkt hoch, ich mache erst noch Pause und folge ihnen dann ein paar Minuten später. Der Weg führt über große Platten und Geröll der Gipfel entgegen. 

Die letzten Meter bis zum Gipfel
Die letzten Meter bis zum Gipfel

Nach 15 Minuten erreiche ich den Gipfel, der eine überragende Aussicht bietet. "Berg heil!" begrüßen mich die beiden Bergsteiger. Der Himmel ist mittlerweile aufgezogen und ich genieße das Panorama in vollen Zügen. Auch die Schweinfurter Hütte ist tief unten schon zu sehen. Allerdings sind es noch 3 Stunden Abstieg bis zu meinem heutigen Etappenziel. 

Gipfelglück am Hochreichkopf 3.010m
Gipfelglück am Hochreichkopf 3.010m
Tief unten im Tal ist die Schweinfurter Hütte bereits zu sehen
Tief unten im Tal ist die Schweinfurter Hütte bereits zu sehen

Die beiden Bergsteiger brechen auf und ich genieße noch ein paar Minuten den Gipfel für mich alleine. Mein vierter 3.000er, das ist immer noch was sehr besonderes für mich.

Der Abstieg wird sich noch ziehen u d so steige ich hinunter zur Scharte und Folge dann dem Weg ins Tal. Dieser beginnt extrem steil um losen Schotter und erfordert 100% Konzentration. Nach 20 Minuten steiler Kraxelei wird das Gelände flacher und führt über schmale Pfade hinunter ins Tal. 

Zu Beginn ist es extrem steil
Zu Beginn ist es extrem steil
Das Gelände wird flacher, einige Schneefelder sind zu queren
Das Gelände wird flacher, einige Schneefelder sind zu queren

Der Weg verläuft nach einer Stunde Abstieg mittlerweile relativ gemütlich und gut gehbar ins Tal. Die Landschaft verändert sich schnell, die schroffen Felsen weichen grünen und mit Latschen bewachsenen Hänge. Das ist für mich eine der schönsten Seiten dieser Bergsteigerei, die Unterschiedlichkeit des Geländes, welches man an einem Tag passiert. 

Zunächst über Felsen...
Zunächst über Felsen...
... Später über Wiesen...
... Später über Wiesen...
... schließlich im Wald
... schließlich im Wald

Der Weg verläuft jetzt im letzten Teil wunderbar am Bach entlang und die Hütte rückt immer näher. Eine große Bergtour neigt sich dem Ende entgegen, ich bin rechtschaffend müde aber auch stolz, diese stramme Etappe in sehr guter Zeit absolviert zu haben. Ich erreiche die Hütte und lassen den Nachmittag bei Kaffee und Kuchen in der Sonne ausklingen. 

Wunderbarer Weg ins Tal
Wunderbarer Weg ins Tal
Die Schweinfurter Hütte ist erreicht
Die Schweinfurter Hütte ist erreicht

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Kommentare: 0
Kommentare: 20
  • #20

    eckard_schuster (Sonntag, 02 Mai 2021 16:34)

    Hallo Philipp, 2019 sind wir auf unserer 24 tägigen Alpenüberquerung durch die Venedigergruppe und Virgen-Lasörlinggruppe gekommen. Das Venedigergebiet hat uns so gut gefallen, daß ich mich zur Zeit in der Planung für eine 16 tägige Venedigerumrundung für das Jahr 2022 befinde. Ich schaue mal, ob ich etwas für meine Planung bei Dir abschauen kann. Aber im Großen und Ganzen steht die Tour. In meinem Instagram sind die Bilder der Etappen hinterlegt. MfG Frank

  • #19

    Wilco (Freitag, 11 September 2020 17:23)

    Hello Philipp,

    Thank you for your great blogs on the Heilbronnerweg.
    The photos on your website helped me a lot with the preparation on this route and what I would encounter.
    Hopefully you will publish a blog on the Watzmann in the future :), but in the meantime I wish you all the best.
    I will definitely find more inspiration for future tours on your website the upcoming months!

    Stay safe!

  • #18

    Othmar (Samstag, 05 September 2020 08:29)

    Sehr sehr sehr geil. Danke, da ist so viel Anregung dabei. Vielleicht wird das mit meiner Alpenüberquerung noch was

  • #17

    Moni (Montag, 31 August 2020 17:23)

    Hallo Philipp!
    Ich bin total begeistert von deinem Mut, Selbstvertrauen und Disziplin deine eigene Alpenüberquerung durchgezogen zu haben. Insgeheim träume ich auch schon seit Jahren von einem ähnlichen Projekt, hatte jedoch noch nie die Energie aufgebracht es in die Tat um zu setzen. Darum bewundere ich dich sehr. Du hast mir gezeigt, dass es möglich ist und das motiviert mich extrem. Vielleicht packe ich es tatsächlich in 2 Jahren an!
    Ich wünsche dir noch viele schöne Bergmomente und dass du immer gesund wieder ins Tal kommst!

  • #16

    Jürgen und Ruth (Freitag, 21 August 2020 12:10)

    Herzlichen Glückwunsch zu deiner erfolgreichen und spektakulären K1 Alpenüberquerung. Mit Spannung haben wir täglich deinen Blog erwartet, vielen Dank dafür , auch für die fantastischen Fotos, virtuell waren wir auch dabei. Wir wünschen dir jetzt eine angenehme und problemlose Heimreise und freuen uns auf das Wiedersehen.
    Ganz liebe Grüße Jürgen und Ruth

  • #15

    Kerstin (Dienstag, 18 August 2020 17:14)

    DANKE für die tolle Tourenbeschreibung des Heilbronner Weges. Insbesondere der Bockkarkopf ist für mich interessant. Die vielen detaillierten (!) Fotos helfen mir sehr, die Tour für unsere ganze Familie gut einschätzen zu können.

  • #14

    Hans 100 (Donnerstag, 23 Juli 2020 16:17)

    Zum Eurem Bericht Weißspitze:
    Gestern bin ich - seit 4 Wochen 80 Jahre alt - auf den Weißspitzengrat gestiegen. Von Kematen (ca. 1400 m, stdl. Bus von Sterzing) via 4 auf das Schlüsseljoch, 3A aufs Jaufenjoch, dann Weg 3 zur Rollspitze, zunächst einfach, dann ca.
    1 Stunde steil in teils schlecht markierten Steinfeld aufwärts. Anschließend leicht auf die Rollspitze, 2800 m. Kurz vor der Amthorspitze 2748 m wurde es schwierig mit Klettern II. Allein und da ich vor allem nicht wußte, wie es auf dem Grat weiterging, kehrte ich wieder um, stieg aber, um das steile Steinfeld zu vermeiden, weglos in das Brennerautobahn-Tal ab, bis ich auf Weg 11 stieß. Runter via 11A zur S12 zur großen Doppel-Tornante und 2,5 km Landstraß4 bis zum Bahnhof Gossensass. Letzter Zug um 22.02 nach Sterzing. Ca. 1400 bis 1500 HM, 13 Stunden. 2 kurze Gewitter.

    DANKE DANKE DANKE für Euren Saun-Weißspitze-Bericht. Ich erfahre von Euch, daß es somit ohne größere Probleme machbar ist. Plan: Sterzing (ca. 1000 m) auf dem Grat bis Weißspitze und wieder zurück. Mal sehen, was noch geht.

    Die Aussicht vom Grat ist wirklich wahnsinnig schön! Und herrlich einsam. Schafe, Kühe, Ochsen, Murmeltiere, keine Menschen auf der gesamten Tour. Was wird rund um die Sella los sein? Hunderte!
    Herzlichst!
    Hans 100

  • #13

    Katti (Sonntag, 19 Juli 2020 22:31)

    „Geh den Weg,
    der einen steinigen Aufstieg hat.
    Spüre die Sonne,
    die dich wärmt.
    Atme die Luft,
    die dich die Freiheit spüren lässt.
    Habe ein Ziel in Sicht,
    welches dir den Weg weist.“

    Philipp, ich wünsche dir alles Gute!

    Gruß, Katti M.

  • #12

    Ralf (Sonntag, 19 Juli 2020 21:37)

    Hallo Philipp,

    ich wünsche dir für morgen einen guten Start in dein Projekt! Ich werde hier immer wieder lesen, was du so zu berichten hast :-) Genieß die Zeit und pass gut auf dich auf!

    Viele Grüße, Ralf

  • #11

    Anna (Sonntag, 19 Juli 2020 21:25)

    Alles Gute auf all' deinen Wegen, Bruderherz! Pass auf dich auf!!

  • #10

    dj ötzi (Samstag, 04 Juli 2020 14:09)

    1000 höhenmeter im Schnitt und 5,6stunden Gehzeit pro tag. Ordentliches Programm. Viel erfolg!!

  • #9

    Max (Sonntag, 28 Juni 2020 21:02)

    geiles Projekt, mal sehen wo irgendwann der M1 langführt...

  • #8

    Carolin (Sonntag, 21 Juni 2020 20:48)

    Ein tolles Projekt mit deinem "K1", ich werde das weiter verfolgen. Viel Spaß bei deiner Tour!

  • #7

    Kai (Freitag, 15 Mai 2020 09:37)


    Der frohe Wandersmann
    Joseph von Eichendorff

    Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
    Den schickt er in die weite Welt,
    Dem will er seine Wunder weisen
    In Berg und Wald und Strom und Feld.
    Die Trägen, die zu Hause liegen,
    Erquicket nicht das Morgenrot,
    Sie wissen nur vom Kinderwiegen,
    Von Sorgen, Last und Not um Brot.

    Die Bächlein von den Bergen springen,
    Die Lerchen schwirren hoch vor Lust,
    Was sollt’ ich nicht mit ihnen singen
    Aus voller Kehl’ und frischer Brust.

    Den lieben Gott nur laß’ ich walten;
    Der Bächlein, Lerchen, Wind und Feld,
    Und Erd’ und Himmel will erhalten,
    Hat auch mein Sach’ aufs Best’ bestellt.

    Viel Erfüllung und Glück auf all Deinen Wegen, mein lieber Freund.

  • #6

    Röve (Freitag, 08 Mai 2020 22:28)

    Was denn mit dem Watzmann?

  • #5

    Alex Haug (Montag, 30 September 2019 22:46)

    Toller Blog mit super Beschreibungen �

  • #4

    Sven (Donnerstag, 26 September 2019 23:20)

    Netter Blog und schöne Routenbeschreibungen. Viel Spaß bei Deinen weiteren Touren und deren Dokumentation hier :)

  • #3

    Christian (Dienstag, 18 Juni 2019 13:30)

    Schöner Beitrag, Philk. Tolles Foto auf die drei Zinnen. Schöne und sichere Tour weiterhin. Bis bald beim Gipfelstürmer Scp. Lg Christian

  • #2

    Norbert Kohlmann (Samstag, 02 März 2019 13:29)

    "Wo ein Begeisterter steht, da ist der Gipfel der Welt. "

  • #1

    Heike Schwering (Dienstag, 12 Februar 2019 11:14)

    "Demut gebietend und erhebend zugleich, kaum etwas in der Natur flößt uns soviel Ehrfurcht ein wie der Anblick von Bergen." (Kofi A. Annan)

    Sitz der Götter, Hexentanz und Heimatidyll, heilige Kultstätte und Heidis heile Welt. Das, was für viele Menschen die gefühlte Verbindung zwischen Erde und Himmel zu sein scheint, ist für mich ein wunderschönes Geröll des (Er)Schreckens.
    Zu hoch, zu stark, zu unberechenbar, zu übermächtig.

    Nein, ein Bergfreund im klassischen Sinne bin ich nicht.
    Aber gewiss ein Bewunderer derer, die sich mutig und respektvoll aufmachen, jene magischen Erhebungen zu erkennen und zu erklimmen.
    Mich hält die Schwerkraft demütig unten.

    Doch fühle ich mich reich beschenkt
    durch diese authentische und beherzte Seite
    dem Himmel trotzdem ein Stück näher sein zu können.

    Vielen Dank dafür!