
14. Etappe auf dem K1
Start: Hochjochhospiz
Ziel: Rifugio Bellavista
Um 6.00 Uhr geht der Wecker und der erste Blick aus dem Fenster zeigt: es schneit! Die Schneefallgrenze ist also sogar unter 2.500m gerutscht, die Hütte liegt auf 2.400m. Mein Tagesziel, das Rifugio Bellavista liegt auf 2.850m, hier wird mich tendenziell noch mehr Schnee erwarten.
Ich packe meine Sachen, genieße ein schönes Frühstück und bin um 7.15 Uhr bereit zum Aufbruch.
Geplant ist heute der Übergang zum Rifugio Bellavista inkl. Besteigung des Saykogel (3.355m) - leider völlig utopisch bei dem Wetter. So begnüge ich mich mit dem direkten Weg zum Rifugio, der mit 3 Stunden Gehzeit angegeben ist.
Etwa 25 Minuten vor mir ist ein Bergführer mit einer Gruppe aufgebrochen, ebenfalls mit dem Ziel Rifugio Bellavista. Möglicherweise hole ich die Gruppe noch ein, zumindest kann ich den Spuren folgen, falls der Schnee dichter werden sollte.

Der Weg führt zunächst ein Stück hinunter bis zum Bach Rofenache, die etwa 100 Höhenmeter unter der Hütte über eine Brücke überquert wird. Der Weg ist weitgehend schneefrei, an den felsigen Stellen ist allerdings etwas vorsichtig geboten. Insgesamt sind die Verhältnisse hier aber noch absolut akzeptabel.


Ich erreiche die tiefste Stelle des heutigen Tages und überquere die Rofenache. Auf der anderen Seite geht der Weg ich recht steilen Kehren wieder den Hang hinauf.


Der Aufstieg ist kurz und knackig, nach einigen Kehren flacht das Gelände aber wieder ab und führt jetzt leicht steigend weiter hinauf. Aktuell ist der Weg weiterhin gut erkennbar.

Insgesamt ist trotz der widrigen Verhältnisse der Weg gut zu gehen. Überwiegend schneefrei geht's immer gerade aus, einige wenige Passagen sind versichert und erfordern Aufmerksamkeit, letztlich aber auch nicht mehr als bei Nässe.


Nach etwa einer guten Stunde habe ich die Gruppe eingeholt, die offenbar sehr langsam unterwegs ist. Der Weg sollte weiterhin gut machbar sein und so überhole ich die Gruppe. Nach weiteren 15 Minuten habe ich etwa die Hälfte der Höhenmeter geschafft und bin jetzt auf einer Höhe von gut 2.600m. Es schneit weiterhin und mittlerweile ist die Schneedecke geschlossen. Der Weg ist dennoch halbwegs gut erkennbar, an einigen Stellen sind die Markierungen sogar noch zu erkennen.


Es wird etwas heller und dann bricht tatsächlich die Sonne durch die dichte Wolkendecke. Der Himmel zieht auf und gibt den Blick auf die umliegenden Berge frei - ein wunderbarer Moment! Allerdings nur ein kurzes Schauspiel, nach gerade einmal einer Minute ist wieder alles dicht und das Schneetreiben wird wieder stärker.


Es kommt jetzt ein stärkere Wind auf, der zum Glück von hinten kommt. Die Wegfindung ist jetzt auch nicht mehr ganz eindeutig, ich stapfe durch 10cm tiefen Schnee, der die Markierungen weitgehend verdeckt. Letztlich geht es aber nur noch geradeaus zur Hütte, die in etwa 45 Minuten erreicht werden soll. Mittlerweile habe ich die Grenze von 2.700m überschritten.

Ich passiere die Grenze und bin jetzt auf italienischen Boden! Der Wind ist mittlerweile unangenehm stark und ich bin froh, in einer halben Stunde die Hütte zu erreichen. Mir kommen 4 Wanderer entgegen, die am Rifugio Bellavista gestartet sind und zum Hochjochhospiz wollen. Sie fragen mich nach dem Weg und ich kann die vier etwas beruhigen, sie können einfach meinen Spuren folgen. Allerdings müssen sie gegen den Wind ankämpfen, was bei diesen Temperaturen und dem Schneefall übel ist. Ich habe den Wind im Rücken und mache mich an die letzten Höhenmeter bis zur Hütte.

Nach insgesamt 2,5 Stunden kommt die Hütte in Sicht. Ich betrete die warme Stube und werde freundlich empfangen. Die Hütte bietet ein gemütliches Lager, eine Stube mit Ofen und sogar eine Sauna! Ich setze mich an den Ofen, nehme meine erste Südtiroler Mahlzeit ein und wärme mich erstmal auf. Das Wetter soll später etwas besser werden, vielleicht erkunde ich dann nochmal das Umfeld der Hütte.




Es hat aufgehört zu schneien und es kommt sogar etwas verhalten die Sonne raus. Ich fühle mich gestärkt und habe Lust, mir draußen noch etwas die Beine zu vertreiben. Vor allem reizt mich der "Hüttengipfel" mit dem reizvollen Namen "Im Hinteren Eis", mit 3.270m Höhe zudem ein waschechter 3.000er. Der Gipfel soll in einer guten Stunde erreichbar sein, einen Versuch ist es wert.

Es geht eine steife Brise, allerdings hat der Wind und die Sonne bereits eine Menge Schnee beseitigt. Der Weg führt gut markiert und zusätzlich mit zahllosen Steinmännchen versehen den Hang hinauf. Lediglich an einigen wenigen Stellen muss ich noch durch tiefen Schnee stampfen, ein großer Teil des Aufstiegs ist nahezu schneefrei.
Ich habe lediglich einen leichten Rucksack mit Wasser und Notfallverpflegung und komme so zügig voran. Bald ist die 3.000er Marke überschritten. Die Sonne lugt immer wieder zwischen den Wolken hervor, vielleicht habe ich oben tatsächlich eine schöne Aussicht!

Mittlerweile passiere ich schon immer wieder längere Passagen im Schnee. Die Wegfindung ist aber unschwierig, wo die Markierungen unter Schnee liegen, helfen die Steinmännchen weiter.

Auf einer Höhe von 3.100m erreiche ich ein flaches Plateau, welches jetzt überquert wird. Dahinter schwingt sich der Gipfelaufbau für die letzten 170 Höhenmeter auf. Ich merke, dass ich mein Tempo drosseln muss, auf dieser Höhe gerate ich schnell außer Atem. Nach kurzer Rast geht's an den finalen Anstieg.

Ein breites und tiefes Schneefeld muss noch überquert werden, dann steige ich über Blockwerk dem Gipfel entgegen. Im Hinteren Eis hat leider kein richtiges Gipfelkreuz, was meiner Zufriedenheit aber keinen Abbruch tut. Ein tolles Gefühl, hier oben zu stehen, bei diesen doch etwas schwierigen Verhältnissen. Es weht ein heftiger Wind hier oben, leider liegt der Gipfel auch weitgehend in den Wolken. Vor allem die normalerweise überragende Aussicht auf den riesigen Hintereisferner und die 3.738m hohe Weißkugel fällt aufgrund viele Wolken bescheiden aus. Es ist zu kalt und zu windig, um auf eine eine Wolkenlücke zu warten und so steige ich nach wenigen Minuten am Gipfel wieder ab.



Der Abstieg erfolgt logischerweise auf dem gleichen Weg und ich kann mich gut an meinen eigenen Spuren im Schnee orientieren. Wenn jetzt heute Abend nicht noch jemand hier hoch geht, bin ich heute der einzige am Gipfel gewesen. Der Abstieg geht mir gut von der Hand und ich bin etwas erleichtert, als ich nach 1,5 Stunden wieder die 3.000er Marke unterschreite und die Hütte jetzt wieder in Reichweite ist.


Beim Abstieg zieht mich insbesondere die 3.354m hohe Schwarze Wand in ihren Bann, deren Nordwand tief verschneit und steil daher kommt. Die Hütte kommt mittlerweile wieder in Sicht und nach insgesamt 1 Stunde 45 Minuten ist mein kleiner Ausflug am Nachmittag erfolgreich beendet!


Ich gönne mir ein Stück Schokoladenkuchen, gehe in die Fasssauna vor der Hütte und freue mich auf das 4-Gang-Abendessen. Wieder ein toller Tag auf dem K1!

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Schwitzender Westfale (Samstag, 08 August 2020 07:25)
Man, man, man. Was für Gegensätze!? Ganz Deutschland wird bei 38 Grad gegrillt und Du frierst Dir den A**** ab ☺️
Der Kuchen sieht echt lecker aus
Brigitte (Sonntag, 09 August 2020 16:37)
Unglaublich diese Bilder. Es ist sicher nicht immer leicht, den richtigen Weg zu finden . Und dann noch Zeit und Muße für dioe Aufnahmen.DANKE