
18. Etappe auf dem K1
Start: Marteller Hütte
Ziel: Peio
Der heutige Tag steht ganz im Zeichen des Fürkeleferner, der heute überquert werden muss, um die Fürkelescharte auf 3.032m zu erreichen. Dies ist der einzige Weg und der einzige Übergang ins Val di Peio und in den kleinen Ort Peio, meinem heutigen Ziel.
Die Etappe war so wie sie geplant war immer ein Risiko: um den Gletscher zu überqueren brauche ich eine Seilschaft, der ich mich anschließen kann. Die nicht zu finden wäre ein großes Problem gewesen, allerdings habe ich Glück. Drei Männer aus der Nähe von Meran steigen heute auf den Monte Cevedale und müssen auch den Gletscher überqueren. Der Bruder von einem der Südtiroler kommt gegen 6.45 Uhr auf die Hütte und wird die Seilschaft anführen. Die vier sind bereit mich mitzunehmen, der Tag ist erstmal gerettet.
Mit einer gewissen Aufregung sitze ich um 6.00 Uhr beim Frühstück. So eine Gletschertour ist was besonders, ich habe Respekt aber große Lust auf den heutigen Tag.
Um 6.45 Uhr kommt der Bruder aus dem Tal hoch, offenbar ein äußerst sportlicher Alpinisten, der in ca. 1 Stunde vom Parkplatz im Martelltal mal eben hier hoch steigt und vorher bereits 1 Stunde mit dem Auto aus Meran angereist ist. Wir machen uns miteinander bekannt und laufen um 7.00 Uhr los Richtung Gletscher!

Wir laufen zunächst noch im Schatten aber der Sonne entgegen. Die Südtiroler schlagen ein beachtliches Tempo an und ich habe Mühe Schritt zu halten. Der Pfad ist allerdings auch gu zu gehen und so kommen wir zügig voran. Nach kurzer Zeit treten wir in die Sonne und laufen jetzt über zunehmend felsigeres Gelände weiter.

Nach etwa einer halben Stunde in wirklich sehr zügigen Tempo erreichen wir den Gletscherrand. Es wird Zeit die Gletscherausrüstung anzulegen und so ziehen wir die Gurte und Steigeisen an. Das Seil wird vorbereitet und ich schaue genau zu, da kann ich sicher noch was lernen. Ich soll direkt hinter dem Bruder an zweiter Stelle laufen und wir Seilen uns an, auch wenn es noch ein Stück über Felsgelände geht, bevor wir die ersten Schritte auf dem Eis machen.

Wir finden schnell unser Tempo, was auf dem Gletscher aber auch nicht mehr so hoch ist. Im unteren Teil ist der Gletscher bereits komplett aper, sodass wir direkt auf dem Eis laufen. Zu Beginn liegt noch einiges an Geröll auf dem Eis, nach kurzer Zeit tauchen die ersten kleinen Spalten auf.


Die Steigeisen kratzen auf dem Eis, in gleichmäßigem Tempo ziehen wir den Gletscher hoch, als hätten wir das schon oft zusammen gemacht. Es ist schon eine geile Sache so eine Hochtour, auch wenn der Respekt bleibt. Die Spalten sind klein und gut zu erkennen, trotzdem gluckert unter uns ganz schön das Wasser. Der Bruder führt uns aber sicher durch das Labyrinth und wir haben bald den oberen Teil des Gletschers erreicht.

Im oberen Teil des Gletschers hat dieser eine satte Schneeauflage durch den Neuschnee von vor einigen Tagen. Dies ist der tückischere Teil, da die Spalten so weniger gut erkennbar sind. Mit Blick auf mein GPS stelle ich aber auch fest, dass ich bereits fast auf der Höhe der Scharte bin. Ab hier führt eine Spur bis zum Ausstieg in den Fels, den ich gut alleine gehen kann. Ich bedanke mich nochmals herzlich für die gute und sichere Begleitung und es trennen sich unsere Wege. Die vier steigen weiter den Gletscher hoch Richtung Gipfel, während ich die letzten 100m auf dem Schnee Richtung Fürkelescharte laufe.



Ich erreiche die Felsen und steige die letzten 50 Höhenmeter zur Scharte hoch. Dies ist sicher nicht der offizielle Weg. Zwar sind Spuren vorhanden, allerdings geht es extrem steil im nassen Schutt hinauf, was wirklich extrem mühsam ist. Zum Glück nur ein kurzes Stück und bald stehe ich auf der Fürkelescharte auf 3.023m.



Von der anderen Seite sind ein paar Wanderer vom Rifugio Cevedale aufgestiegen, die den Gletscher ebenfalls bestaunen. Eine Frau spricht mich auf italienisch an, ob sie zur Marteller Hütte kommen könnte ohne Gletscher. Ich erkläre ihr auf Englisch, dass dies nicht möglich ist und sie in den leichten Sportschuhe ohne Steigeisen und vor allem alleine besser keinen Versuch unternimmt 😄
Eine weitere Gruppe kommt mit Hund hoch, die Männer wollen wohl auf den Cevedale, die Frau will mit Hund wieder absteigen. Offenbar ist sie etwas unsicher alleine und fragt ob ich auch Richtung Rifugio Cevedale absteige. Wir steigen ein Stück gemeinsam runter, wobei der Hund auf dem ersten sehr steilen Stück wenig Probleme hat und in jeder Kehre ungeduldig wartet 😄.

Nach etwa 20 Minuten wird der Weg deutlich flacher und Titziana lässt sich mit Hund in der Sonne nieder, ich steige weiter Richtung Tal ab. Der Weg verläuft jetzt nur noch mäßig steil bergab und ich komme zügig voran. Nach etwa 1 Stunde ab der Scharte kommt das Rifugio bereits in Sicht.

Die Fürkelescharte ist die Grenze zwischen Südtirol und dem Trentino und das merkt man deutlich. Keine Spur mehr von Deutschen oder Österreichern, auf der Hütte spricht keiner mehr deutsch. Ich bestelle auf englisch Wasser und espresso und raste in der Sonne. Noch über 1.000 Höhenmeter Abstieg und gute 3 Stunden Gehzeit liegen noch vor mir.

So einsam wie es auf vielen Etappen war, so voll ist es jetzt hier. Unzählige Tagesgäste kommen mir beim Abstieg entgegen. Es ist ein permanentes "ciao", "Salve", "buon giorno" und beim vorbeilassen "Grazie" und "prego". Der Weg zieht sich ganz schön in die Länge, bietet aber traumhafte Aussichten ins Tal und auf die immer noch das Blickfeld bestimmende Gletscher.


Das Gelände wird offener und ich bin offenbar kurz vor dem großen Parkplatz und der Malga Mare auf gut 2.000m. Mittlerweile bin ich bereits 4,5 Stunden unterwegs und habe Hunger. Ich kehre auf ein paar Sandwiches, Kuchen und Kaffee ein, bevor ich mich bereit mach für den letzten Teil des Abstiegs Richtung Peio.


Der Weg nach Peio führt jetzt durch den Wald und ca. 9km am Hang hinab durch das Val di Peio. Nach 15 Minuten überquere ich einen kleinen Bach, steige in den Wald ein und stehe erneut vor einer Wegsperrung. Das darf doch nicht wahr sein! Diesmal gibt es allerdings eine Alternative, auch wenn diese sicherlich einen Umweg darstellt. Komoot kennt diesen Weg jedenfalls auch nicht.
Ich folge dem kleinen Steig durch den Wald und entdecke bald den Grund der Sperrung: eine riesige Gerölllawine ist hier den Hang runter gekommen und hat den Weg auf einer Breite von mindestens 100m verschüttet, hier wäre tatsächlich kein durchkommen gewesen.



Ich steige tief ins Tal hinunter um den Geröllmassen zu umgehen, muss die letzten Ausläufer dann aber doch noch queren. Danach ist der Weg aber wieder frei, auch wenn ich viel zu tief abgestiegen bin und jetzt auch noch der Straße ein Stück folgen muss, um in ca. 2km wieder auf dem richtigen Weg zu sein.



Ich bin mittlerweile doch gut erschöpft und hier auf 1.400m ist es jetzt wesentlich wärmer. Ich mache im Wald nochmal eine Trinkpause und mache mich dann an die letzte Stunde und die letzten 5km. Der Weg geht teilweise über eine Fahrstraße runter nach Peio, auf dem Weg kommt die noch etwas tiefer liegende Ortschaft Cogolo schön in Sicht. Nach insgesamt 6 Stunden erreiche ich Peio.



Ich bin nicht direkt in Peio sondern in Peio Fonti und hab noch eine weitere halbe Stunde zu gehen. Ich durchquere den Ort und erreiche nach insgesamt 7 Stunden meine Herberge in Peio Fonti. Ich freue mich auf eine kalte Dusche und den Besuch in der Gelateria 🍦


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