
Start: Hinterstein (865m)
Ziel: Bschießer (2.000m), Kühgundspitze (1.890m), Kühgundkopf (1.908m) und Iseler (1.876m)
Heute habe ich mir mit dem Bschießer und Ponten einen Klassiker im Hintersteiner Tal vorgenommen. Die beiden Gipfel sind als Rundtour mit entsprechender Überschreitung möglich. Der Aufstieg erfolgt von Hinterstein über die Zipfelsalpe (1.530m) auf den Bschießer (2.000m) und dann weiter auf den Ponten (2.045m). Von hier erfolgt der Abstieg auf der anderen Seite über die Willersalpe (1.450m) zurück nach Hinterstein. Eine Tour, die mit 1.200 Höhenmeter durchaus tagesfüllend ist und eine erste größere Herausforerung in diesem Bergsommer darstellen soll. Herausfordernd werden sicher auch die Verhältnisse, da oberhalb von 1.700m teilweise noch mit beträchtlichen Schneemengen zu rechnen ist. Ob die Überschreitung der beiden Gipfel möglich ist, ist daher durchaus fraglich.

Ich starte an der Dorfkirche zu dieser Bergtour und steige in den Wald ein. Hier geht es heute ohne viel Vorgeplänkel direkt zur Sache, der Steig windet sich durchaus steil in Serpentinen durch den Wald hinauf. Die Luft ist heute morgen noch angenehm kühl, dies wird sich voraussichtlich aber noch ändern. Es sind sommerliche, schwüle Temperaturen vorhergesagt und dementsprechend auch Gewittergefahr am Nachmittag. Ich gehe aber davon aus, dass ich dann bereits wieder im Tal sein werde bzw. zumindest die exponierten Stellen der Tour hinter mir gelassen haben werde.

Der Weg ist recht eintönig aber schön zu laufen, eine Kehre reiht sich an die nächste, sodass ich zügig die ersten Höhenmeter geschafft habe. Zu meiner rechten öffnet sich das Gelände dann etwas und ein schöner Wasserfall wird sichtbar, ein guter Platz für eine erste Trinkpause. Ich nehme mir vor, heute mit meinen Kräften hauszuhalten und regelmäßig zumindest kurz zu pausieren. Die erste längere Bergtour im Jahr ist immer herausfordernd und ich merke, dass ich mit meiner Fitness noch nicht im Bergsommer angekommen bin 😄


Der Weg wird jetzt wieder etwas befestigter und auf grobem Schotter geht es weiter bergan. Das Gelände ist wirklich angenehm zu gehen und ich komme zügig hinauf, bereits nach 45 Minuten sind die ersten 400 Höhenmeter geschafft. Ich folge dem Pfad, der sich noch in einigen Kehren weiter hinauf zieht. Plötzlich legt sich das Gelände weiter zurück und ich betrete eine kleine Hochebene, auf der es jetzt wesentlich flacher weiter geht.



Das ist jetzt hier ein wunderbarer Weg und es lohnt sich hier auch, sich immer wieder umzudrehen. In meinem Rücken kommen jetzt die schneebedeckten Berge auf der anderen Talseite gut in Sicht und geben mir einen Eindruck davon, wie es vermutlich später oben am Bschießer und Ponten aussehen wird. Noch ist hier von Schnee nichts zu sehen, allerdings befinde ich mich auch gerade mal auf knapp 1.400m.
Das Gelände bleibt offen und bald kommt die Zipfelsalpe in Sicht, bei der ich nach Möglichkeit zumindest auf einen Kaffee einkehren möchte. Etwas mehr als die Hälfte der Höhenmeter zum ersten Gipfel sind dann hier geschafft.


Ich erreiche die Zipfelsalpe, die so früh am morgen noch verwaist ist. Zumindest scheine ich der erste Gast zu sein, die Wirtin wird erst nach einigen Rufen auf mich aufmerksam. Der Kaffee ist auch noch nicht aufgesetzt, wird aber gerne für mich zubereitet: "Musst aber 10 Minuten warten". Die habe ich natürlich und nehme auf der Terrasse platz, die schon einen schönen Blick auf den Bschießer ermöglicht. Von dieser Seite aus sieht der Gipfel schneefrei aus, was meine Hoffnungen auf eine erfolgreiche Tour steigert.
Der Kaffee kommt und die Wirtin gibt Aufschluss über die aktuellen Verhältnisse: "Der Bschießer ist frei, allerdings liegt auf der anderen Seite noch sehr viel Schnee, auch auf dem Übergang zum Ponten. Die Leute sind die letzten Tage reihenweise umgekehrt". Das macht wenig Mut, allerdings will ich mir die Verhältnisse schon selbst anschauen und beurteilen, ob eine Begehung machbar ist. So breche ich wieder auf uns steige weiter über Wiesengelände den Hang hinauf, wo ein leicht ausgetretener Pfad Richtung Gipfelaufbau leitet.

Der weitere Aufstieg ist tatsächlich schneefrei und auch unschwierig zu gehen. Der Weg wird allerdings steiniger und zwischen den Latschen teilweise steil, bis ich schlussendlich das kleine Gipfelplateau erreiche. Hier ändert sich die Szenerie schlagartig, die Rückseite des Berges und auch der Übergang zum Ponten sind schneebedeckt, teilweise ziehen sich große Wechten über die Hänge. Ob das machbar ist? Ich nehme erstmal in der Nähe des Kreuzes platz und genieße die ganz neue Aussicht insbesondere hinüber zum Ponten, dessen Hänge noch tiefverschneit daher kommen.



Ich habe natürlich große Lust auf die Überschreitung, auf den ersten Blick sieht das allerdings schlecht aus. Der Weg führt ein Stück den Grat entlang und dann steil hinunter in die Einsattelung zwischen Bschießer und Ponten - und das alles unter Schnee. 2 Mädels haben ähnliche Pläne und ich lasse die beiden mal vorgehen. Umdrehen kann ich ja jederzeit wieder, am besten lässt sich das Ganze sicher aus der Nähe einschätzen...
So folge ich dem Grat, der trotz der Schneemenge noch begehbar ist und biege dann links hinunter. Die beiden Mädels sind hier stehen geblieben und wissen wohl nicht mehr weiter. Eine große Schneewechte hängt hier quer über dem Hang und versperrt den üblichen Weg. Es sind auch keine Spuren oder Tritte sichbar und das Gelände ist äußerst steil. Einsturz würde hier unabsehbare Folgen haben, für mich ist an dieser Stelle Feierabend. Hier müsste mit Pickel vernünftig gespurt werden, dann wäre ein Übergang möglicherwiese vertretbar. Mein Pickel liegt allerdings warm und trocken unten im Auto, also erübrigen sich weitere Überlegungen. Ich kehre um und mache mich wieder an den Abstieg hinunter zur Zipfelsalpe.

Beim Abstieg Richtung Zipfelsalpe fällt mein Blick immer wieder auf die gegenüberliegende Seite, wo sich zwischen Kühgundspitze und Iseler ein feiner Berggrat abzeichnet. Eine Tour, die ich im vergangenen Jahr mal nach Begehung des Iseler-Klettersteigs gegangen bin und bis auf die Haut nass geworden bin. Eigentlich ist es noch zu früh, um direkt weite ins Tal zu steigen und ich überlege, den Weg nochmal in anderer Richtung zu gehen. Ich halte mich am entsprechenden Abzweig rechts und steuere auf den Gipfel der Kühgundspitze zu. Ein Entscheidung, die den heutigen Tag nochmal wesentlich verlängert, aber im Moment fühle ich mich noch fit und habe Lust auf weitere Stunden am Berg!


Da werden heute eine ganze Menge Höhenmeter zusammen kommen, wenn ich das mal so grob überschlage, aber ich fühle mich gut und habe Lust noch weiter zu gehen. Der Weg auf die Kühgundspitze führt jetzt über ein breites und langes Schneefeld, was aber im flachen Gelände keine Probleme bereitet. Schnell habe ich den Wiesenhang überwunden und steige jetzt schräg rechts hinauf Richtung Gipfel, den ich etwa 1 Stunden nach verlassen des Bschießer erreiche. Auch hier ist die Aussicht schön und ich blicke hinunter nach Oberjoch, wo die Tour damals im strömenden Regen endete. Ich hoffe, dass ich heute halbwegs trocken hinunter komme, die ersten dunklen Wolken ziehen von Süden auf...

Von der Kühgundspitze geht es jetzt im stetigen auf und ab über den Iselergrat hinüber zum Isler, wobei etwa auf der Hälfte der Kühgundkopf überschritten wird. Ein Gratweg, den ich trotz des starken Regens und der Bewölkung als sehr schön in Erinnerung habe. So steige ich zwischen den Latschen teilweise auf schmalem Pfad auf zum Kühgundkopf, während die Wolken von Süden her dunkler werden und auch das erste Donnergrollen in der Ferne ertönt. Ich beschleunige meine Schritte, hier oben am Grat möchte ich nicht unbedingt ins Gewitter kommen...


Ich glaube ich habe die Länge des Grats und vor allem die Zwischenauf- und Abstiege zwischen den 3 Gipfeln etwas unterschätzt. Mittlerweile sind bereits 1.400 Höhenmeter auf der Uhr und der Aufstieg zum Iseler steht auch noch bevor. Und das Ganze will natürlich auch wieder abgestiegen werden, ca. 1.100 Höhenmeter trennen mich aktuell von Hinterstein. Ich bin durchaus erschöpft und nehme mir vor, mich gleich vor dem finalen Abstieg ins Tal nochmal an der Zipfelsalpe zu stärken. Zunächst steht aber der letzte Aufschwung hinauf zum Gipfel des Iseler auf dem Programm.


Dunkle Wolken kreisen um den Iseler, den ich nach am Ende beschwerlichem Aufstieg endlich erreiche. Eine kurze Trinkpause gönne ich mir, bevor ich mich an en Abstieg mache, zumindest diese ganz exponierte Gelände möchte ich schnell hinter mir lassen. So steige ich nach kurzer Rast wieder hinab zur Zipfelsalpe und kehre dort noch einmal auf ein Getränk ein, welches mir hoffentlich nochmal Energie für den langen Talabstieg gibt. Eigentlich reicht es längst für heute und ich ärgere mich etwas über meine optimistischen Planungen. Der Tag wird definitiv eine Menge Kraft kosten heute...

Ich wähle von der Zipfelsalpe jetzt nochmal einen anderen Weg ins Tal, um etwas Abwechslung zu haben. Dieser führt zunächst über Wiesen und dann in den Wald hinein. Es folgen - wie auch beim Aufstieg unzählige Kehren - die ich jetzt relativ lustlos herunter spule. Zumindest komme ich so recht zügig voran, auch wenn sich das ganze gefühlt wie Kaugummi in die länge zieht. Ich freue mich auf eine Dusche und ein deftiges Abendessen, mit diesen Gedanken motiviere ich mich für die letzten 400 Höhenmeter.

Ich erreiche wieder die Wasserfälle und dann auch wenig später das Auto. Ein langer und beanspruchender aber auch schöner Tage war das heute! 16 km Strecke, über 1.500 Höhenmeter im Auf- und Abstieg, 4 Gipfel und laut meiner Uhr 3.000 verbrannte Kalorien - wahrhaft eine große Bergtour. Mit etwas mehr Fitness hätte es am Ende sicher nicht so weh getan, aber so nehme ich das als willkommenes Training für den ja gerade erst beginnenden Bergsommer.
Kommentar schreiben