
10. Etappe auf der Virgenrunde
Start: Clarahütte (2.038m)
Ziel: Reichenberger Hütte (2.586m)
Der heutige Übergang zur Reichenberger Hütte ist mit 4 Stunden Gehzeit angegeben. Eine gute Gelegenheit also, diese kurze Etappe mit einem zusätzlichem Gipfel aufzupeppen. Unsere Wahl fiel auf die Rotenmannspitze (3.077m), einem recht unbekannten und selten besuchten Gipfel im Umballkamm.
Nach dem gestrigen Übergang von der Essener-Rostocker-Hütte, den wir im strömenden Regen absolvieren müssten, sind unsere Schuhe noch nicht wieder ganz trocken. So starten wir noch mit leicht feuchten Stiefeln in diesen Tag, der wieder unbeständiges wenn auch zumindest weitgehend trockenes Wetter verspricht.

Wir laufen einige hundert Meter Richtung Virgental zurück, bevor wir markant in eine Senke absteigen, um auf der gegenüberliegenden Seite ins Dabertal zu starten. Auf einem gut gehbaren und nur moderat steilen Bergweg zieht sich der Weg sanft an der linken Talseite empor. Vor uns zeigt sich blauer Himmel und die Wolken verziehen sich zunehmend, sodass der Blick frei wird auf die umliegenden Gipfel, die heute morgen vom frischen Neuschnee der Nacht leicht angezuckert sind.


Das Wetter passt, wir kommen zügig voran und sind gespannt auf unser heutiges Gipfelziel. Die Rotenmannspitze, erneut ein 3.000er, liegt ein ganzes Stück abseits unserer Route und wir vermutlich auch Neuschnee abbekommen haben. Vom Anspruch her können wir den Gipfel nicht so recht einschätzen, auf jeden Fall wird uns weitgehend wegloses und vermutlich nur spärlich bezeichnetes Gelände erwarten. Wir erreichen eine kleine Hochebene iim Dabertal, auf der wir uns jetzt links halten. Der Abzweig zum Gipfel sollte nicht mehr weit entfernt sein.


Bereits der Abzweig ist nicht gut zu finden und wir orientieren uns am GPS. Wir queren einen felsdurchsetzten Wiesenhang, der nur wenige und zudem oft verblasste Markierungen aufweist. Vor uns zeigt sich jetzt eine große Geröllhalde, die weglos überquert wird. Mühsames und unübersichtliches Gelände, in dem wir jetzt nur langsam voran kommen.


Wir überschreiten eine kleine Kuppe und haben jetzt die Rotenmannspitze bereits in Sicht. Wobei wir uns nicht sicher sind, welcher der vor uns liegenden Felszacken jetzt der Gipfel ist. Es geht jedenfalls weiterhin weglos über Geröll und gleich wohl auch über Schnee weiter. Wir nehmen uns vor, die linke Scharte anzusteuern um von dort auf den Gipfel zu gelangen. So gibt es auch unsere GPS-Karte vor.

Wir erreichen ein Schneefeld und queren dieses jetzt bis zu einer schroffen Felswand. Hier geht es jetzt noch mit Hilfe einiger Stalseile und sogar einer kurzen Leiter weiter hinauf, bis wir die Einsattelung am Rotenmanntörl erreichen. Von hier dürfte es jetzt nicht mehr weit bis zum Gipfel sein.


Wir deponieren unsere Rucksäcke auf der Scharte, es ist nur ein kurzes Stück bis auf den Gipfel, allerdings in ziemlich steilem Gelände. Vor uns baut sich eine fast senkrechte Wand auf, die es jetzt offenbar noch zu überwinden gilt. Wir kraxeln über recht bröseligen Fels und sind uns nicht ganz sicher, ob das hier der richtige Weg ist. Das Ganze ist hier eigentlich eine Spur zu schwer für den Schwierigkeitsgrad, den wir bei unseren Recherchen zur Rotenmannspitze in Erfahrung bringen konnten. Und tatsächlich sehen wir schräg unter uns einen Pfad, der wesentlich einfacher auf den Gipfel führt. Hierzu hätten wir uns einfach oberhalb des Schneefelds rechts halten müssen...

Zurück klettern macht wenig Sinn und wäre auch nicht ganz ohne, sodass wir schräg auf den Normalweg hinabsteigen, den wir auch bald erreichen. Hier liegt jetzt zwar mehr Schnee, allerdings ist das Gelände wesentlich flacher und wir steigen zügig dem Gipfel entgegen, den nur eine kleine Steinsteele als Gipfelkreuz ziert.

Wir haben keine Aussicht, der Gipfelbereich ist unscheinbar und trotzdem stellt sich hier an der Rotenmannspitze ein besonderes Gipfelgefühl ein. Es war ein einsamer und in Teilen beschwerlicher Aufstieg. Eine urtypische Landschaft, die offensichtlich nur sehr selten von Wanderern erreicht wird, wir sind froh, diesen Gipfel ausgewählt zu haben. Für eine Rast ist es hier allerdings zu windig und kalt, sodass wir uns entscheiden, zunächst in die Scharte abzusteigen und dort eine Rast einzulegen.


Nach einer kurzen Rast in der Scharte treten wir den Rückweg an. Noch steht uns heute einiges bevor. Zunächst der Rückweg bis zum Abzweig und dann der Weiterweg zur Reichenberger Hütte. Aber das Wetter hält und wir sind guter Dinge, heute mal nicht bis auf die Knochen nass zu werden.

Wir kommen zügig hinunter und beim Blick zurück hat sich die Rotenmannspitze bereit ein gutes Stück entfernt. Auf dem Zwischenstück müssen wir nochmal beschwerliches Blockwerk überqueren, bevor wir den Abzweig und Hüttenzustieg wieder erreichen. Jetzt steht uns noch ein zweistündiger Marsch zur Hütte bevor.

Es ist ein gemütlicher Bergweg hier, der auch nicht sonderlich steil ist. Dennoch macht sich der bisherige Tag durchaus bemerkbar. Die Kälte und das beschwerliche Gelände haben am Akku gezogen und der letzte Abschnitt zieht sich wie Kaugummi. Wir passieren die steilen Schotterhänge des 3.173m hohen Keeseck, lassen die Graue Wand (2.816m) links liegen und betreten dann einen großen Talkessel, der neben dem Bödensee auch die Neue Reichenberger Hütte beheimatet. Diese liegt malerischen auf einem Plateau und wird unsere Herberge für die Nacht sein.



Nach einer heißen Dusche genießen wir die gemütliche Stube und lassen den Abend entspannt ausklingen. 1.400 Höhenmeter Aufstieg, knapp 1.000 Höhenmeter Abstieg bei 18km Strecke - ein langer aber toller Tag auf der Virgenrunde!
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