
Heilbronner Weg Teil 2
Start: Rappenseehütte (2.070m)
Ziel: Oberstdorf (865m)
Der Heilbronner Weg ist der älteste und auch wohl beliebteste Felsensteig der Nördlichen Kalkalpen. Er ist Teil des Verbindungsweges zwischen Rappenseehütte und Waltenberger Haus bzw. Kemptner Hütte, wobei die "Kernzone" zwischen dem Abzweig am Hohen Licht und dem Bockkarkopf liegt (ca. 2,5 Stunden Gehzeit). Für die Strecke Rappenseehütte - Kemptner Hütte werden 6 Stunden veranschlagt. Auch wenn es sich nicht um einen Klettersteig handelt (viele auch ungesichert Stellen im Fels), ist es ein anspruchsvoller Höhensteig im alpinen Gelände, der die für diese Bergregionen immer geforderte Trittsicherheit und Schwindelfreiheit verlangt. Auch ein Steinschlaghelm ist empfehlenswert, zumindest im ersten Teil unterhalb vom Hohen Licht ist die Steinschlaggefahr nach einem Felssturz vor 2 Jahren offenkundlich.
Für die von uns geplante Route von der Rappenseehütte bis Spielmannsau ist eine Gehzeit von 10 Stunden vorgesehen, zumindest dann, wenn wir tatsächlich beide Zusatzgipfel mit aufs Programm nehmen. So brechen wir bereits vor Sonnenaufgang und in der Dämmerung um 7.00 Uhr auf zu dieser großen Bergtour, die uns zumindest konditionell alles abverlangen wird. Das Wetter ist erneut herrlich, auch wenn es zu dieser frühen Stunde noch empfindlich frisch ist.

Der Tag beginnt mit dem Aufstieg auf die große Steinscharte, hier führt der Weg zwischen zwei hohen Felstürmen empor. Hier verlassen wir das grüne Wiesengelände und treten ein in eine Welt aus Felsen und Geröll, schroffen Gipfeln und karger Landschaft. Die große Steinscharte dient der Szenerie als Eingangstor, nach kurzem Aufstieg über einige Kehren ist diese bereits erreicht.

Wir erreichen das Tor und vor uns breitet sich bereits der weitere Weg aus: zunächst gilt es eine unübersichtliche Karstfläche zu überqueren bevor der Weg auf einen steilen Felsriegel zuläuft. Darüber liegt der Abzweig zum Heilbronner Weg und zum Hohen Licht.
An einigen Stellen sind hier schon die Hände zum anpacken gefordert, wo kleinere Stufen zu überwinden sind. Schließlich steigen wir in schottrigen Kehren der Wand entgegen, hier geht es jetzt in leichter Kraxelei hinauf. Der Weg führt über uns zum Heilbronner Weg und hier ist die Steinschlaggefahr besonders groß, sodass wir mittlerweile mit Helmen unterwegs sind.

Wir deponieren unsere Rucksäcke am Abzweig, so können wir zumindest das Höhe Licht ohne Gepäck bewältigen. Für die gut 150 Höhenmeter sind knapp 30 Minuten zu veranschlagen, ein lohnendes Abstecher, wenn die weiteren Planungen es zeitlich erlauben. Wir nehmen das Hohe Licht ganz optimistisch mit ins Programm, zu verlockend ist dieser kurze Abstecher. So queren wir in einem gerölligen Hang über ein Felsband und steigen dann in die Gipfelroute ein.

Die Route umrundet das Hohe Licht, der Anstieg erfolgt über die etwas weniger steile Südseite. Einige gesicherte Passagen und eine recht glatte Platte sind hier zu überwinden, bevor es in steilen Kehren unschwierig zum Gipfel hinauf geht. Rechter Hand geht der Blick Richtung Kleinwalsertal, insbesondere der Biberkopf zieht uns mit seinem kühnen Gipfelaufbau in seinen Bann.

25 Minuten benötigen wir für den Aufstieg auf diesen aussichtsreichen Gipfel. Angeblich 400 Alpengipfel soll man vom Hohen Licht sehen können. Wir haben nicht nachgezählt, wollen aber bei der aktuellen Fernsicht nichts gegenteiliges behaupten. Abgesehen von Zahlenspielereien sind in jedem Fall etliche Gipfel ringsherum in unserem Blickfeld, wobei uns insbesondere der benachbarte Heilbronner Weg interessiert, dessen Route von hier aus in weiten Teilen einsehbar ist.


Nach kurzer Rast steigen wir auf gleicher Route zum Ausgangspunkt zurück, nehmen unsere Rucksäcke auf und beginnen den Einstieg in den Heilbronner Weg. Nach kurzer Irritation und Unklarheit bei der Wegführung sind wir dann schließlich auf dem Weg zum Heilbronner Törl, ein schmaler Felsspalt, der den Eingang für den Weg markiert. Über einige gesicherte Steilstufen geht es hinauf, insgesamt 300m Stahlseile sind auf dem 3km langen Kernstück verbaut, nicht alle sind für geübte Berggeher erforderlich. Als hilfreiche Aufstiegshilfe dienen sie allerdings allemal, so langen auch wir immer wieder ans Seil, um die ersten Aufschwünge zu überwinden.

Wir zwängen uns durch den schmalen Spalt am Heilbronner Törl und steigen dann erneut über zahlreiche gesicherte Stellen weiter hinauf. Der Steinschartenkopf , der erste Gipfel auf dem Heilbronner Weg ist hier bereits in schlagweite. Die bekannte Brücke, die hinter dem Gipfel liegt, kam soeben bereits in Sicht.

Wir stehen unterhalb des Gipfels und blicken von unten auf die Brücke. Der Weg biegt nochmal markant nach links ein, wir überwinden noch eine gesicherte Stufe und stehen dann an einem kleinen Absatz. Über eine solide Leiter führt der Weg hier auf den Gipfel des Steinschartenkopf auf 2.615m.


Der Gipfelbereich bietet wenig Platz und mittlerweile ist auch ziemlich Verkehr auf der Strecke. Die ersten Bergsteiger, die heute morgen am Waltenberger Haus gestartet sind und in umgekehrter Richtung gehen, kommen uns jetzt entgegen. So machen wir keine Rast sondern laufen direkt weiter, über die Brücke wird ein kleiner Felsspalt überbrückt, bevor es dann wieder ein ganzes Stück hinab geht.


Bevor wir den Aufstieg zum Bockkarkopf in Angriff nehmen, gilt es zunächst etwa 150 Höhenmeter in die Sockelscharte abzusteigen. Der Heilbronner Weg biegt hierfür auf die rechte Seite des Steinschartenkopf ein und wir steigen auch hier über zahlreiche gesicherte Stellen im Felsgelände in die Scharte hinab. Dort finden wir ein schattiges Plätzchen und machen eine erste Rast, der gleich folgende Anstieg zum Bockkarkopf ist steil und verläuft auch weitgehend in der prallen Sonne, die auch heute wieder aus wolkenlosen Himmel scheint.


Der Bockkarkopf wird über einige steile Kehren und zuletzt über die schattige Nordseite erreicht. Wir steigen über einige steile und gesicherte Kehren hinauf, bevor der Weg in die Nordflanke des Berges einbiegt, wo der finale Anstieg erfolgt. Kurz vor dem Gipfel taucht das Waltenberger Haus im linken Blickfeld auf, welches etwa 500 Höhenmeter unter uns auf einem sonnigen Absatz liegt. Wir folgen dem teilweise gesicherten Steig und erreichen dann den Gipfel, an dem bereits einige andere Wanderer Rast machen.



Nach kurzer Rast verlassen wir den Gipfel und folgen weiter dem Heilbronner Weg. Auch hier steigen wir im gesicherten Felsgelände Richtung Bockkarscharte ab, wo der steile Anstieg vom Waltenberger Haus hinauf kommt. Hier endet der Kernbereich des Heilbronner Wegs, wir folgen weiter der Route Richtung Kemptner Hütte, die uns zum nächsten Highlight führt. Von der Bockkarscharte steigen wir über eine Kuppe, wo sich unter uns die Reste des Schwarzmilzferner ausbreiten. Jetzt Ende September bietet dieser einen bemitleidenswerten Anblick und hat sich im Vergleich zu meinem Besuch vor 2 Jahren auch weiter verkleinert. Experten schätzen, dass der Gletscher bereits in 10 Jahren vollständig verschwunden sein könnte.


Wo Gletscher schwinden, hinterlassen sie meist ödes und zerklüftete Gelände. So ist es auch am Schwarzmilzferner. Wo man vor Jahren noch über Schnee gemütlich absteigen konnte, führt der Weg jetzt über schottrige Kehren. Ein ähnliches Bild auf der anderen Seite: wo ich vor 2 Jahren noch in der Rinne unterhalb der Mädelegabel über Schnee aufstieg, geht's jetzt über steiles und rutschiges Schottergelände. Mühsame Passagen, bevor wir den steilen Felsaufschwung an der Mädelegabel erreichen. Groß abstimmen müssen wir uns an dieser Stelle nicht. Wir haben beide noch Kraft und Lust auf einen Bonusgipfel, die Mädelegabel ist mir auch mit schöner Kraxelei im 1. Grad in Erinnerung geblieben, sodass wir den Aufstieg wagen. Zu beginn kommt gleich eine Stelle I+, wo eine glatte Wand gequert werden muss.

Die Mädelegabel ist wirklich ein toller Berg. Zumindest für alle, die sich sicher im leichten Felsgelände bewegen können und auch nicht auf Sicherungen - wie beispielsweise am Heilbronner Weg - angewiesen sind. Diese findet man an der Mädelegabel nämlich nur vereinzelt, die Kraxelei erfordert in weiten Teilen den direkten Griff an den soliden Fels. Nach einer guten halben Stunde ist der Gipfel gewonnen, wir blicken hinab nach Oberstdorf und auf die benachbarte Trettachspitze, ein genialer Ausblick!



Mitterweile sind wir seit fast 7 Stunden unterwegs und haben noch einen gehörigen Abstieg von 1.800 Höhenmetern vor uns. So steigen wir auf der gleichen Route wieder ab, passieren im unteren Teil nochmal die "Schlüsselstelle" und rasten dann erneut nochmal kurz, bevor wir entgültig den langen Weg ins Tal beginnen.


Im oberen Teil des Abstiegs von der Mädelegabel sind noch einige Stellen im Fels zu überwinden, bevor wir schlussendlich auf einen gemütlichen Wanderweg einbiegen. Auch hier haben wir einen herrlichen Ausblick auf die Allgäuer Hochalpen, wo jetzt der Große Krottenkopf, der höchste Gipfel im Allgäu, die Szenerie bestimmt. Auch der Blick auf den Schwarzmilzsee unterhalb des Kratzers zieht uns in den Bann. Die Idee dort ein kurzes, vermutlich eisiges Bad zu nehem verwerfen wir mit Blick auf den noch gut 4,5 sündigen Abstieg aber schnell...



Der Weg führt eine ganze Weile unter den steilen Wänden des Kratzers entlang und biegt dann markant links ab. Über einige Felsstufen verlieren wir nochmal an Höhe, bevor kurz darauf die Kemptner Hütte unter uns in Sicht kommt. Hier wollen wir noch eine letzte Rast vor dem finalen Abstieg ins Tal einlegen.


Eine letzte Rast soll uns nochmal Kraft für den Abstieg geben, immer noch 1.000 Höhenmeter trennen uns vom Tal. So gibt's ne salzige Suppe und ein kühles Getränk, bevor wir den Abstieg über den Sperrbachtobel in Angriff nehmen.
Hier verändert sich das Bild nochmal komplett: wir verlassen die Wiesenflächen rund um die Kemptner Hütte und tauchen ein in den Sperrbachtobel, wo es zumeist rechtsseitig den Tobel hinab geht. Ein interessanter Abschnitt und wieder eine völlig andere Landschaft.


Der Weg biegt jetzt in den Wald ein und wir steigen immer weiter ins Tal hinab. In anbetracht der Dauer der Tour und der zurück gelegten Strecke sind wir erstaunlich fit, auch wenn wir schon froh sind, gleich nach einem langen Tag die Schuhe ausziehen zu können. Über gemütliche Waldwege geht's tief hinein ins Trettachtal, wo wir nach 1,5 Stunden Abstieg die Fahrstraße erreichen, die uns kurz darauf nach Spielmannsau führt.



Der Bus fährt erst in 20 Minuten und Lust zu warten haben wir nicht. Obwohl wir mitterweile fast 11 Stunden unterwegs sind, haben wir noch nicht genug. Der Reiz die runde bis Oberstdorf komplett zu Fuß zu beenden ist größer als die mittlerweile schmerzenden Füße, so entscheiden wir die restlichen 8km nah Oberstdorf auch noch zu laufen.
Wir folgen der Fahrstraße, die jetzt über den Christlessee, Dietersberg und Gruben nach Oberstdorf führt. Die Sonne geht langsam unter und wir laufen die letzten knapp 2 Stunden gemütlich bis zur Nebelhornbahn, wo wir nach 12,5 Stunden eine große Bergtour beenden.



31,5 km Strecke, 1.300 Höhenmeter Aufstieg, 2.400 Höhenmeter Abstieg, 12,5 Stunden waren wir unterwegs bei fast 10 Stunden reiner Gehzeit. Es war ein großer Tag am Berg, der keine Wünsche offen ließ!


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